Gesundheit & Pflege in der Region Ostfriesland
In der Gesamtbetrachtung der Bedürfnisse unserer Region ist das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger in den Mittelpunkt zu rücken.
Die wirtschaftliche Standortstärke Ostfrieslands ist dringend zu fördern, um Arbeitsplätze und somit den Wohlstand zu erhalten. Die hierzu benötigten Fachkräfte haben Bedürfnisse, die unsere Region bieten muss, um diese Menschen und ihre Familien langfristig hier zu halten. Einer der essentiellen Punkte hierbei ist die Versorgung im medizinischen und pflegerischen Bereich.
Daher fordern die Freien Demokraten im Bezirk Ems-Jade die Kassenärztlichen Vereinigungen dringend auf, die Gebietspolitik im Rahmen der Vergabe von Kassenarztlizenzen auf die Bedürfnisse des ländlichen Raumes anzupassen. Die GKV-Gebiete, in denen wiederum die Niederlassungsfreiheit der betroffenen Ärzte gilt, sind schlicht zu weitläufig. Es ist nicht nachvollziehbar, warum sich bspw. eine Ansammlung von Fachärzten in Aurich mit kassenärztlicher Zulassung ansiedeln kann, während die Versorgung im selben GKV-Bezirk in Norden dadurch nur noch durch Privatpraxen gegeben wäre. Ohne eigenen PKW, den sich viele Menschen nicht mehr leisten können oder wollen, ist die Fahrt zum Kassen-Arzt innerhalb eines weitläufigen KV-Bezirks insbesondere im Krankheitsfall unzumutbar. Die realen Gegebenheiten des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) bieten zurzeit keine zumutbare Möglichkeit, solche Strecken zu überwinden.
Neben der geänderten Vergabepraxis von kassenärztlichen Zulassungen sehen wir Liberalen auch den Ausbau der Infrastruktur insgesamt als neuralgischen Punkt in dieser Problematik an.
Ein deutlich verbesserter ÖPNV könnte die Erreichbarkeit der nach aktuell geltendem Verteilungsschlüssel angeblichen ausreichend vorhanden Fach- und Allgemeinärzte verbessern. Gleichzeitig müssen zumindest die Landes- und Bundesstraßen in einen adäquaten Zustand versetzt werden. Zur Lösung der Problematik würde ferner auch eine flächendeckende und ausreichend schnelle Internetverbindung beitragen. Die Freien Demokraten Ems-Jade fordern die Gemeinden in unserem Bezirk auf, die Bereitstellung eines Anschlusses zur telemedialen Kommunikation mit einem Arzt in jeder Kommune zu prüfen. Hierbei muss selbstverständlich ein vollumfänglicher Datenschutz gewährleistet werden.
Die oft betroffenen Seniorinnen und Senioren verfügen häufig weder über die Kenntnisse noch das Material, welches für die Telemedizin notwendig ist. Eine in jeder Gemeinde erreichbare Einrichtung dieser technischen Art mit nötigenfalls Anleitung durch einen geschulten Mitarbeiter der Gemeinde könnten hier Abhilfe schaffen. Neben den aus unserer Sicht zu fördernden „fliegenden“ medizinischen Fachangestellten (bspw. das Projekt VERAH), die im Außendienst mit entsprechender Hardware für einen Arzt zu den Patienten auf dem Land fahren und die Anamnese und erste Untersuchungen und Blutabnahmen selbstständig durchführen, wäre eine digitale Sprechstunde im Gemeindehaus/Rathaus ein wichtiger Schritt zur medizinischen Versorgung im ländlichen Bereich.
Zusätzlich halten wir es für erforderlich, dass sich gerade die ländlichen Gemeinden darum bemühen, Allgemeinärzte und Fachärzte vor Ort auf dem Dorf anzusiedeln. Viele andere Gemeinden in ähnlichen Situationen haben große Erfolge mit der kostenlosen Bereitstellung von Räumen und auf einige Jahre gestundete Darlehen für neue Praxisbetreiber erzielt.
Die Fokussierung auf die Zentralisierung von medizinischen Leistungen, sei es in Gemeinschaftspraxen, Praxiszentren oder Medizinischen Versorgungszentren bis hin zu dem Trend der Zentralkliniken begleiten die Freien Demokraten im Bezirk Ems/Jade konstruktiv und kritisch zugleich. Dringend zu beachten ist beispielsweise, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen in ihren Satzungen oft Notfall-Zentren in bspw. alten Klinikstandorten nur zusammen mit, aber nicht anstatt von Krankenhäusern erlauben. Hier ist die Politik dringend zur Verhandlung mit der Kassenärztlichen Vereinigung aufgefordert!
Unverhandelbar ist aus Sicht der Freien Demokraten eine unbedingte Transparenz bei der weiteren Entwicklung der Zentralklinik, ihrer Finanzierung und des genauen Standortes. Die verkehrstechnische Infrastruktur sowie die Notärztliche Versorgung vor Ort und die Anschlussnutzung der zurückbleibenden Klinikstandorte muss dabei Teil des Gesamtkonzeptes sein. Die Freien Demokraten Ems/Jade setzten sich ferner dafür ein, dass im Falle der Schließung der kleinen Kliniken auch die Förderungen von Kurzzeitpflegeplätzen und Geburtshäusern als Anschlussnutzung geprüft wird. Bspw. müssen die in dem Fall der ambulanten Geburtshilfe fälligen, unverhältnismäßig hohen Beiträge für Hebammen zu Haftpflichtversicherung unkompliziert gefördert werden, um durch Geburtshäuser die Nahversorgung von Schwangeren besser zu gewährleisten.
Teile der von uns Freien Demokraten im Bezirk Ems-Jade geforderten Förderungsinitiativen lassen sich auch auf den nicht minder wichtigen Bereich der ambulanten Versorgung durch Hebammen und Pflegedienste übertragen. Auch in diesen beiden Bereichen ist neben dem Fachkräftemangel vorrangig das Problem der zu überwindenden Kilometerstrecken ein Hemmnis auf dem Weg zu einer ausreichenden Versorgung unserer hilfsbedürftigen Bürgerinnen und Bürger. Die Krankenkassen gestatten den Hebammen einen maximalen Anfahrtsweg von 25 km pro Patientin. Aber gerade im ländlichen Raum müssen Hebammen weiter fahren und stehen dann vor komplizierten Sonderanträgen, die jede Krankenkasse von Einzelfall zu Einzelfall anders entscheidet. Dies ist vor allem ein Problem für junge Familien auf dem Land. Die Hebammen haben so viele Anfragen von Patienten, dass sie sich im Zweifel gegen die Annahme einer solchen werdenden Mutter entscheiden.
Bei Pflegediensten werden die KM-Pauschalen noch komplizierter berechnet. Nach aktueller Lage ist, isoliert betrachtet, für einen ambulanten Pflegedienst durchschnittlich in Niedersachsen nur noch ein Anfahrtsweg von maximal 6 km kostendeckend! Das ist fernab der Realität im ländlichen Raum, wo eben auch für einzelne Patienten immer öfter längere Anfahrtswege in Anspruch genommen werden müssten. In der Konsequenz stellen Pflegedienste nicht nur wegen dem anhaltenden Fachkräftemangel, sondern auch wegen dieser Fahrtgeldkomponente ihren Betrieb ein oder versorgen die abgelegenen Gebiete nicht mehr. Gerade die langanhaltende Versorgung in den eigenen vier Wänden ist jedoch ein essentieller Bestandteil des Lebensglücks im Lebensherbst.
Gleichlaufend stellt sich die Problematik des ärztlichen Notdienstes dar. Hier hat der diensthabende Arzt eine schier unmöglich große Fläche zu versorgen. Die Freien Demokraten Ems/Jade setzten sich daher auch für eine erneute Gebietsreform des ärztlichen Notdienstes ein.
Im Hinblick auf den personellen Mangel bei allen hier genannten Berufsgruppen regen die Freien Demokraten im Bezirk Ems-Jade an, dass die Vergabe von Stipendien und finanzielle Ausbildungsförderung geprüft werden soll. In einer Modellregion Ostfriesland/Wilhelmshaven sollten Mittel zur Verfügung gestellt werden, mit denen man interessierten jungen Leuten finanzielle Anreize bietet relevante Ausbildungen und Studien zu belegen, bei denen sie gegen die Verpflichtung eine vorher bestimmte Zeit in unserer Region zu arbeiten, finanziell gefördert werden.
Dazu setzen sich die Freien Demokraten im Bezirk Ems/Jade für die Unterstützung alternativer Pflegekonzepte ein. Pflegegenossenschaften, beispielsweise in Anlehnung an das niederländische „Buurtzorg“- Modell sind zukunftsorientierte Formate, die in unserer Pflegelandschaft einen Platz finden solten. Diese Konzepte sind für viele Fachkräfte attraktiver, oft deutlich kostengünstiger, ermöglichen eine individuellere Pflege des Einzelnen und sind somit ein Gewinn für alle Beteiligten.
Im Namen der AG Gesundheit & Pflege
Sarah Buss